Eventuell hast du schon etwas davon gehört: Der EU Accessibility Act (EUAA) 2025 tritt schon in ein paar Tagen (genau am 28. Juni) in Kraft. Und vielleicht hast du dich auch schon gefragt, inwiefern es dich und deine Webseite betrifft. Hier erkläre ich dir das Wichtigste rund um den EUAA, wen diese neue Gesetzgebung betrifft und ob auch du dich bald damit befassen musst.
Der EU Accessibility Act (EUAA) ist eine Richtlinie der Europäischen Union, die dafür sorgt, dass digitale Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen einfacher zugänglich werden. Das betrifft unter anderem Webseiten, Onlineshops, Apps, aber auch Bankterminals und Ticketautomaten. Ziel ist es, Hürden abzubauen – sei es für sehbehinderte Personen, die auf Screenreader angewiesen sind, oder für Nutzer:innen mit motorischen Einschränkungen, die nur per Tastatur navigieren können.
Eine kurze Anekdote: An der grössten europäischen WordPress-Konferenz habe ich Virginia Ciambriellos Geschichte gehört. Sie leidet an Epilepsie und entwickelte – verursacht durch Medikamente – Nystagmus (Augenzittern). Erst da wurde mir klar, dass digitale Barrierefreiheit selbst Menschen mit Epilepsie betrifft. Hier kannst du mehr dazu lesen.
Für dich als Betreiber:in einer Webseite mag das auf den ersten Blick nach Mega-Konzernen klingen. Tatsächlich richtet sich der Gesetzgeber primär an grosse Anbieter mit hohem Marktanteil. Aber: Wenn du Produkte oder Dienstleistungen an EU-Kundinnen verkaufst, gelten auch für dich gewisse Regeln.
Obwohl sich der EUAA nicht nur an Webseiten und Onlineshops richtet, konzentriere ich mich jedoch auf die Punkte, die uns als Betreiber:innen von Webseiten wirklich betreffen. Die Liste ist nicht abschliessend, soll dir aber einen guten Überblick verschaffen.
Bilder in deinem Content müssen kurz und aussagekräftig beschrieben sein. Das sogenannte „alt-Attribut“ hilft Menschen mit Sehbehinderung und Suchmaschinen gleichermassen, den Inhalt zu verstehen.
Beispiel:
Statt das alt-Attribut leer zu lassen: alt=""
lieber alt="Screenshot vom Warenkorb mit Produktbild und Preis"
.
Stell sicher, dass deine gesamte Webseite auch ohne Maus bedienbar ist – also alle Menüs, Links und Formulare per Tab-Taste erreichbar und aktivierbar sind. So können Nutzer:innen, die keine Maus einsetzen können, trotzdem problemlos surfen.
🧪 Test: Gehe auf eine Webseite und bevor du etwas mit der Maus anklickst, nutze die Tab Taste auf deiner Tastatur.
Was passiert? Kannst du z.B. problemlos durch das Menu navigieren? Wenn das nicht geht, stellt dies bereits eine grosse Hürde für viele Menschen dar. Das Gute ist: Solche Dinge lassen sich lösen!
Damit dein Text auch für Menschen mit Sehschwäche lesbar bleibt, sollte der Kontrast von Schrift und Hintergrund mindestens dem Verhältnis 4.5:1 entsprechen. Zudem muss die Schrift gross genug sein, was auch von der Hintergrundfarbe abhängen kann.
Schau dir folgendes Beispiel an, der Kontrast ist ganz klar da und kommt auch durch den Check:
Wie sieht es allerdings in diesem Extrem-Beispiel aus:
Es wird schnell klar, dass hier der Kontrast nicht gross genug ist. Für einige von uns ist es zwar noch lesbar, aber für viele Menschen eben nicht.
Hier kannst du deine Farben einfach testen: https://colourcontrast.cc/
Jedes Formularfeld braucht ein eindeutiges Label (z. B. „Name“, „E-Mail-Adresse“). Wenn eine Eingabe fehlt oder falsch ist, sollte eine verständliche Fehlermeldung erscheinen (z.B. „Bitte gib deine E-Mail-Adresse ein!“). So wissen alle sofort, was zu tun ist.
Eine klare Gliederung mit h1 bis h6 hilft bei der Orientierung. Wichtig ist dabei, keine Überschriften zu überspringen: Es macht beispielsweise wenig Sinn, ein h3 zu verwenden, wenn zuvor kein h2 festgelegt wurde.
Landmarks sind abstrakte Rollen, die HTML-Elementen zugewiesen werden können. Sie geben klar an, welche „Rolle“ ein Element im Dokument spielt. Dafür nutzt man entweder semantische Elemente wie <nav … >, oder oder fügt eine ARIA-Rolle hinzu, die eine Unterklasse der Landmark-Rolle ist – etwa role=“navigation“ für Navigationsbereiche. Landmarks ermöglichen es Assistenz-Technologien, Inhalte schnell zu finden und zu navigieren.
Du kannst dir das ähnlich wie die Alt-Labels in den Chrome Developer Tools anschauen. Ein Beispiel aus unserer Navigation: Wie du siehst, verwendet sie bereits das semantische Element:
Cookie-Hinweise und andere Overlays müssen per Tastatur schliessbar sein und klare Zustimmungsoptionen bieten. Vermeide verdeckte Buttons oder irreführende Formulierungen.
Die Schweiz ist nicht Teil der EU, dennoch gibt es auch bei uns gewisse Gesetze, so gibt es mit dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) 2004 und seiner Begleitverordnung BehiV eine vergleichbare Regelung.
Seit dem 1. Januar 2004 müssen Bund, Kantone, Gemeinden und bundesnahe Unternehmen nach Artikel 10 BehiV dazu, ihre Internetangebote – also Websites und Onlinedienste – barrierefrei gestalten. Das Gesetz verlangt, dass Menschen mit Sprach-, Hör-, Seh- und motorischen Beeinträchtigungen diese Angebote ohne erschwerende Bedingungen nutzen können. Die Bundesverwaltung orientiert sich dabei an den WCAG 2.1 AA Standard.
WCAG steht für Web Content Accessibility Guidelines. Das sind internationale Standards des W3C, die konkrete Erfolgskriterien und Empfehlungen festlegen, damit Webseiten, Apps und digitale Inhalte für alle Nutzer wahrnehmbar, bedienbar, verständlich gestaltet werden.
Für KMUs gibt es keine explizite Pflicht wie beim EUAA, ausser sie betreiben staatliche Dienste oder liefern an öffentliche Stellen. Dennoch lohnt es sich, die gleichen Standards umzusetzen, um auch auf dem Schweizer Markt barrierefrei unterwegs zu sein.
Mehr dazu kannst du hier lesen: https://chk.me/zDB1u4S
WordPress wird von einer grossen Community entwickelt, die Accessibility sehr ernst nimmt. Aus diesem Grund ist bereits der Grundaufbau bei WordPress und ganz vielen Themes, Buildern und Plugins schon ausserordentlich gut auf Barrierefreiheit ausgerichtet.
Mit WordPress musst du nicht bei Null anfangen – du profitierst von Best Practices und grossen Updates, die Accessibility-Verbesserungen oft als erstes beinhalten. Das ist einer der Gründe, warum wir unsere Webseiten ausschliesslich mit WordPress erstellen.
Mit diesen Schritten bist du vorerst gut gerüstet für den EUAA-Stichtag am 28. Juni 2025 – und profitierst langfristig von besseren Rankings, einem soliden Accessbility-Fundament und starkem WordPress-Support. Viel Erfolg!
Selbst wenn die EAA dich heute kaum zwingt, profitierst du langfristig enorm: bessere Webseite, höhere Reichweite und ein Image als inklusiver Arbeitgeber und Dienstleister. Mit WordPress hast du ein flexibles Tool in der Hand, das dir bei Accessbility und SEO entgegenkommt. Aber vergessen wir nicht: Am Ende geht es nicht um SEO sondern um Menschen! Deine Kundinnen und Kunden werden es dir danken!